Patientenauswahl Intrathekale Baclofen-Therapie (ITB-Therapie)

KANDIDATEN FÜR EINE INTRATHEKALE BACLOFEN-THERAPIE

Die Auswahl der richtigen Behandlungsoption bei einer schweren Spastik hängt vom Schweregrad der Symptome und der Wirksamkeit der aktuellen Therapie ab; diese werden im Zuge der Patientenbeurteilung erhoben. Die Behandlung beginnt in der Regel mit nicht-invasiven Therapien; falls diese keinen Erfolg zeigen, werden interventionellere Behandlungsmethoden gewählt. Häufig werden mehrere Therapien kombiniert, um ein optimales Ergebnis für den Patienten zu erzielen.

Eine schwere Spastik kann separat vom primären Auslöser der Schädigung behandelt werden. Die wirksame Behandlung einer Spastik kann:

  • Das Gangbild verbessern, Hygiene und Pflege erleichtern
  • Zu seltener auftretenden Spastiken, Schmerzen und Ermüdungszuständen führen
  • Eine Tonussenkung fördern und die Beweglichkeit steigern
  • Eine Physio-, Beschäftigungs- und/oder Sprachtherapie ergänzen

In vielen Fällen kann eine schwere Spastik mit oral verabreichten Medikamenten, rehabilitativen Interventionen und/oder einer Injektionstherapie angemessen behandelt werden. Manchen Patienten bieten diese Behandlungsmethoden jedoch nicht ausreichend Linderung, oder sie haben nicht-tolerierbare Nebenwirkungen. So können oral verabreichte Arzneimittel in einer Dosis, die bei einer Spastik wirksam ist starke Schläfrigkeit, Schwindel, Schwächegefühle und Übelkeit verursachen und so die Teilhabe an familiären, sozialen, akademischen und/oder arbeitsbezogenen Aktivitäten einschränken.

Patienten, die auf eine orale Baclofen-Gabe nicht ansprechen oder hiervon nicht-tolerierbare Nebenwirkungen im zentralen Nervensystem (ZNS) entwickeln, profitieren möglicherweise von einer ITB-TherapieSM mit Lioresal® Intrathekal (Baclofen-Injektion). Die ITB-Therapie kann bei schweren Spastiksymptomen1-9 und Spasmen2, 7-9 spürbare Linderung bewirken.

FÜR WEN IST DIESE THERAPIE GEEIGNET?

Eine ITB-Therapie mit Lioresal Intrathecal (Baclofen-Injektion) zur Behandlung von schweren Spastiken sollte für Patienten erwogen werden, die auf eine Screening-Dosis Lioresal Intrathecal ansprechen; erst dann sollte eine Langzeitinfusion mithilfe eines Pumpenimplantats in Betracht gezogen werden.

  • Bei Patienten mit einer Spastik infolge einer Rückenmarksverletzung sollte die ITB-Therapie nur dann angewendet werden, wenn die orale Baclofen-Therapie keine Wirkung zeigt oder bei Wirkdosis nicht zumutbare Nebenwirkungen für das zentrale Nervensystem entstehen.
  • Patienten mit einer Spastik nach einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) müssen mindestens ein Jahr warten, bis eine Langzeit-ITB-Therapie infrage kommt.
  • Bei Spastiken, die die funktionellen Fähigkeiten oder täglichen Aktivitäten einschränken10
  • Bei Spastiken, die die Pflege oder den Wechsel der Körperhaltung einschränken10
  • Bei durch die Spastik verursachten Schmerzen10

Lioresal Intrathecal wird nicht für die intravenöse, intramuskuläre, subkutane oder epidurale Verabreichung empfohlen. Überempfindlichkeit gegenüber oral verabreichtem Baclofen ist eine Kontraindikation für die Behandlung.

AUSSCHLUSSKRITERIEN

  • Vorliegen einer Infektion zum Zeitpunkt der Implantation
  • Frühere Überempfindlichkeit gegenüber oral verabreichtem Baclofen
  • Unmöglichkeit, die Pumpe in einer Tiefe von maximal 2,5 cm unter der Hautoberfläche zu implantieren
  • Zu geringe Körpergröße des Patienten im Verhältnis zu Volumen und Gewicht der Pumpe
  • Weniger als 1 Jahr seit der Verletzung (nur bei Schädel-Hirn-Trauma)
  • Ansprechen auf oral verabreichtes Baclofen
  • Anomalien der Wirbelsäule

VORSICHTSMASSNAHMEN

Besondere Vorsicht bei der ITB-Therapie ist in den folgenden Fällen geboten:

  • Bei Patienten, die aus dem erhöhten Tonus funktionale Vorteile ziehen
  • Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion
  • Bei Schwangeren oder während der Stillzeit
  • Bei Patienten, bei denen bereits eine autonome Dysreflexie aufgetreten ist
  • Bei Patienten, die eine psychotische Störung aufweisen oder einen Verwirrungszustand zeigen
  • Bei Patienten, die auf das Zentralnervensystem wirkende Beruhigungsmittel und/oder Alkohol konsumieren

Weitere Informationen entnehmen Sie dem SynchroMed II Kurzhinweis und den Verschreibungsinformationen von Lioresal.

1

Francisco GC, Boake C. Improvement in walking speed in poststroke spastic hemiplegia after intrathecal baclofen therapy: a preliminary study. Arch Phys Med Rehabil. 2003;84(8):1194-1199.

2

Meythaler JM, Guin-Refroe S, Brunner RC, Hadley MN. Intrathecal baclofen for spastic hypertonia from stroke. Stroke. 2001;32(9):2099-2109.

3

Ivanhoe CB, Francisco GE, McGuire JR, Subramanian T, Grissom SP. Intrathecal baclofen management of poststroke spastic hypertonia: implications for function and quality of life. Arch Phys Med Rehabil. 2006;87(11):1509–1515.

4

Gilmartin R. Intrathecal baclofen for management of spastic cerebral palsy: multicenter trial. J Child Neurol. 2000;15(2):71-77.

5

Hoving MA, van Raak EP, Spincemaille GH, Palmans LJ, Becher JG, Vles JS; Dutch Study Group on Child Spasticity. Efficacy of intrathecal baclofen therapy in children with intractable spastic cerebral palsy: a randomised controlled trial. Eur J Paediatr Neurol. 2009;13:240-246.

6

Penn RD. Intrathecal baclofen for spasticity of spinal origin: seven years of experience. J Neurosurg. 1992;77(2):236-240.

7

Albright AL, Gilmartin R, Swift D, Krach LE, Ivanhoe CB, McLaughlin JF. Long-term intrathecal baclofen therapy for severe spasticity of cerebral origin. J Neurosurg. 2003;98(2):291-295.

8

Coffey RJ, Cahill D, Steers W. Intrathecal baclofen for intractable spasticity of spinal origin: results of a long-term multicenter study. J Neurosurg. 1993;78(6):226-232.

9

Ordia JI, Fischer E, Adamski E, Chagnon KG, Spatz EL. Continuous intrathecal baclofen infusion by a programmable pump in 131 consecutive patients with severe spasticity of spinal origin. Neuromodulation. 2002;5(1):16-24.

10

Saulino M., Ivanhoe CB., McGuire J.R., Ridley B., Shilt J.S., Boster A.L. 2016. Best Practices for Intrathecal Baclofen Therapy: Patient Selection. Neuromodulation 2016; 19:607-615.