Neues TAVI System – unveränderte Implantationstechnik Transkatheterklappenersatz (TAVI)

Am Herzzentrum des Kölner Universitätsklinikums wurden Anfang Juni die ersten Prozeduren mit dem neuen EvolutTM PRO+ System zum kathetergestützten Aortenklappenersatz (TAVI) vorgenommen. Der Kardiologe PD Dr. Matti Adam und der Herzchirurg PD Dr. Elmar W. Kuhn berichten, welche Erfahrungen sie mit dem neuen System bereits machen konnten. Außerdem geben sie eine Einschätzung, welche Vorteile die Plattform mit sich bringt und wer besonders von der Therapie profitieren könnte.

Das neue TAVI-System Evolut™ PRO+ hat Anfang Mai die CE-Kennzeichnung und damit die Zulassung erhalten. Seit Anfang Juni ist das System für den Einsatz in Kliniken erhältlich. Wie viele Prozeduren konnten Sie, Herr Dr. Adam, Herr Dr. Kuhn, am Herzzentrum der Kölner Universitätsklinik bereits ausführen? 

PD Dr. Matti Adam: Bis jetzt konnten wir mit dem Evolut™ PRO+ System zehn Patient|inn|en versorgen.

Aus Ihrer Sicht, was sind die interessanten und wichtigen Eigenschaften oder Weiterentwicklungen des neuen Systems Evolut™ PRO+?

Adam: Für uns ist besonders bedeutend, dass wir für die Evolut™ PRO+ jetzt ein kleineres Einführprofil des Delivery-Systems zur Verfügung haben, also für das System, mit dem die Prothese eingebracht wird. Wir „sparen“ uns zwei French bei dem Zugangsweg: eine Reduzierung von 16F auf 14F - das ist eine relevante Verkleinerung. Fast alle Prothesen des Evolut™ PRO+ Systems können jetzt über ein 14French-Einführprofil eingebracht werden. Das gibt uns einen größeren Spielraum für transvaskuläre Zugangswege bei Patient|inn|en, die eine schwere Verkalkung der Becken- oder Axillar-Gefäße haben. So können wir mehr Patient|inn|en transvaskulär mit einer Prothese mit einem zusätzlichen Perikardumschlag versorgen. Wir wissen, dass das Patienten-Outcome bei transvaskulären Zugangswegen am besten ist. 
PD Dr. Matti Adam und PD Elmar W. Kuhn im Porträt

Wie verhält es sich mit der neu dazugekommen 34mm Prothese des PRO+ Systems?

Adam: Wir konnten bereits Patienten mit der neuen 34 mm Pro+ Klappe versorgen. Die Klappe ist nun wie die kleineren Modelle mit einem äußeren Perikardumschlag, einer Art „Rock“, ausgestattet. Für eine valide Datenbasis fehlen noch Studienergebnisse. Aber die ersten Daten, die zum Beispiel beim vergangenen US-amerikanischen TVT-Kongress vorgestellt wurden, waren ermutigend. Durch diesen zusätzlichen Perikardumschlag bei der 34mm-Klappe soll die Dichtigkeit verbessert werden. Das ist relevant, da wir wissen, dass bei Patient|inn|en mit großem Anulus, die mit selbstexpandierenden Prothesen versorgt werden, bislang häufiger paravalvuläre Leckagen (PVL) aufgetreten sind. Unsere Erfahrungen mit dem neuen System sind bislang gut.
 

WIE HÄUFIG VERSORGEN SIE PATIENT|INN|EN MIT EVOLUT™ PRO KLAPPEN IN KÖLN AM HERZZENTRUM?

PD Dr. Elmar W. Kuhn: Hier in Köln werden etwa 25 % aller Patienten, die mit Evolut™ Klappen behandelt werden, mit Evolut™ PRO Klappen versorgt. Ungefähr 75 % erhalten zur Zeit eine Evolut™ R. Das neue PRO+ System erweitert nun zum einen das Spektrum an Patient|inn|en, die wir mit PRO Klappen versorgen können und reduziert zum anderen bei denen, die ohnehin eine PRO Klappe erhalten, das Risiko für vaskuläre Komplikationen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Patient|inn|en aus, die mit einer Evolut™ PRO bzw. PRO+ versorgt werden sollen?

Kuhn: Speziell für die PRO/PRO+ Prothese sind das Patient|inn|en, die eine hohe Kalklast an der Aortenklappe haben - insbesondere mit einem Kalksporn, der in den linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) hineinreicht. Solche Patient|inn|en profitieren aus unserer Sicht besonders von einer Evolut™ PRO/PRO+ Prothese.

Das Evolut™ Klappensystem ist das einzige, das bei Patient|inn|en aller Risikokonstellationen eingesetzt werden darf. Hat die Evolut™ PRO/PRO+ für Patient|inn|en mit niedrigem Operationsrisiko besondere Vorteile?

Adam: Ich denke nicht, dass anhand der Risikoklassifizierung eine Indikation für oder gegen eine PRO bzw. PRO+ Klappe gestellt werden sollte. Wichtiger sind, wie schon von Dr. Kuhn ausgeführt, die anatomischen Gegebenheiten, die vorher genau begutachtet werden müssen. Wenn man sich für eine selbstexpandierende Klappe entscheidet, dann sind starke Verkalkungen, vor allem im LVOT, oder eine insgesamt hohe Kalklast eher Faktoren sich für ein Evolut™ PRO oder PRO+ zu entscheiden - unabhängig vom operativen Risiko der Patient|inn|en.

Kuhn: Ergänzend kann man auch sagen, dass bei Niedrigrisiko- oder auch jüngeren Patienten perfekte Langzeitergebnisse umso wichtiger sind. Sollte sich herausstellen, dass die PRO+ Prothese im Vergleich zu anderen selbstexpandierenden Prothesen bessere Resultate erzielt, käme das diesem Patientenkollektiv zugute.

Wie sieht es mit dem Handling des PRO+ Systems aus. Mussten Sie sich auf Änderungen beim Implantationsverfahren einstellen?

Adam: Nein, beim PRO+ System bleibt das Implantationsverfahren, bis auf minimale Unterschiede beim Laden der Klappe, unverändert. Diese Klappen werden analog zur Evolut™ R/PRO implantiert. 

Kuhn: Die unveränderte Implantationstechnik kann man als Vorteil nennen. Denn diese basiert auf den Erfahrungen der vergangenen Jahre.

Adam: Auch die etwas neuere Cusp-Overlap-Technik kann man ohne Probleme einsetzen.

Ändert sich etwas an den Prozedurzeiten, könnte die möglicherweise durch das neue System verkürzt werden?

Adam: Zwischen 45 und 60 Minuten ist für uns eine typische Schnitt-Naht-Zeit. Durch das neue System ändert sich daran nichts. Aber das ist auch gut so: Wir können weiterhin unsere Patienten|inn|en auf dem hohen Niveau versorgen wie bisher.